Die thailändischen Straßen hatten wir nicht angemessen zu schätzen gewusst, zu sehr verinnerlicht ist die europäische Vorstellung alle großen Städte müssen gut vernetzt und die Straßen gut befahrbar sein. Viele Dinge, die wir unterschwellig für selbstverständlich gehalten hatten, lernen wir hier noch einmal neu. Während wir im Minivan von Vang Vieng nach Luang Prabang sitzen, fliegen wir beide immer wieder hoch aus den Sitzen. In der letzten Reihe des vollgepackten Minivan sehen wir die Schlaglöcher nicht kommen. Das ist meistens ganz amüsant, geht aber nach ein paar Stunden doch ordentlich in den Rücken. Unsere Rucksäcke liegen im Gang, ein junger Mann hat seinen Kopf darauf gebettet und schläft, denn der Fahrer war ganz gutgläubig davon ausgegangen ein freier Sitz würde für das Gepäck von neun Passagieren reichen. Auf den anderen Fahrten im Land packte man unser Gepäck immer auf das Dach des jeweiligen Gefährts, nicht dass es dadurch viel geräumiger wurde im Kleinbus, aber die Fahrten in Laos waren ohnehin nie so lang und nervenzehrend wie in Thailand.
Trotzdem wir gelesen hatten, dass die Abholzung laotischer Wälder zur Gewinnung von Holz als Brennstoff immer stärker voran schreitet, waren die Blicke auf den Fahrten selten enttäuschend. Nur kleine Dörfer oder vereinzelte Häuser und Hütten störten den Fluss der Natur- und Kulturlandschaften, den wir als naturbegeisterte Menschen gierig aufsogen. Hier und da loderten noch Feuernester in brandgerodeten Feldern und ohne Frage waren viele Gräben überfüllt mit Plastikabfällen, die Modernisierung und der schnelllebige Konsum sind natürlich auch hier angekommen. Doch neben endlosen Feldern auf denen unter freiem Himmel unzählige Gemüsearten angebaut wurden sahen wir scheinbar endlose Reisplantagen, die um diese Zeit des Jahres jedoch meistens brach da lagen. Dazwischen breiteten sich unwegsame Karstfelsen aus, die mit dichtem Buschwerk bedeckt waren und immer wieder dichtere Wälder voll von Bananenbäumen und anderen exotischen Pflanzen. Schöner hätte es selbst Bob Ross nicht auf eine Leinwand bringen können. An den Straßenrändern lobten viele Bauern auf großen Schildern ihre privaten, kleinen Attraktionen an, allem voran Aussichtspunkte von atemberaubend schönen Bergen, Höhlen oder Wasserfälle.
Die größeren Städte Vientiane und Luang Prabang hielten uns beide nicht lange in ihrem Bann, zu verlockend war der Ruf der Natur in den kleineren Städten, die man in unseren Breiten schon eher als Dörfer bezeichnen würde. In Vientiane genossen wir vor allem den Sonnenuntergang über dem Mekong mit Blick auf Thailand hinter der natürlichen Grenze, die der Fluss selbst darstellte. Luang Prabang dagegen überbot Vientiane um Längen, wenn es um die architektonische Gestaltung und die Ausgehmöglichkeiten ging. Hier verbrachten wir ein paar besonders schöne Tage mit einer lieben Freundin. Aber die besten Tage in Laos waren die, die wir in der Natur dieses wunderschönen Landes verbringen durften. Und es gab soviele Wege diese zu erkunden: zu Fuß, aber auch mit dem Fahrrad, auf Booten und im Kayak. Wenn man nicht so wie wir jede Ausgabe überdenken musste, waren auch Motoroller, Buggys, eine Fahrt im Heißluftballon oder ein Wanderritt mit Pferden im Rahmen des Möglichen. Unsere liebstes Fortbewegungsmittel sind und bleiben aber unsere eigenen Beine, das lässt dem Wanderer die ultimative Freiheit. Unzählige Stufen und Steinvorsprünge quälten wir uns bei knappen 30°C am Tag die scharfkantigen Karstfelsen empor und erkundeten so einen Aussichtspunkt nach dem Anderen. Die Mühe des Aufstiegs war bei Erreichen des Gipfels immer schnell vergessen, wer die Berge so liebt wie wir, der kennt das Gefühl. Und wer Berge liebt, der wird Laos lieben.
Die Temperatur betreffend konfrontierte uns Laos mit großen Kontrasten, da es nachts im Norden gerne auch mal nur um die 10°C waren mussten wir langsam die Wintersachen auspacken. Die Sonne brach immer im Laufe des Tages durch die Wolkendecke, als wir uns in Nong Khiaw erstmals eine Tagestour gönnten ließ sie sich natürlich besonders bitten. Wie die Schneider froren wir, als wir mit einem Boot den Nam Ou River in Richtung Muang Ngoi befuhren, der Wunsch mit dem Boot bis Muang Kuah zu fahren und von dort aus gen Vietnam zu reisen hatte der eisige Wind schnell aus unseren Köpfen geblasen. Doch die Natur enttäuschte wie gewohnt nicht. Dünne Nebelschwaden waberten noch über dem Wasser während die Anwohner des Flusses bereits in der klirrenden Kälte ihre Kleider oder sich selbst im Fluss wuschen oder versuchten in aller Frühe ein paar Fische zu fangen. Nicht alle hatten ein Lächeln übrig für die Touristen, die ihre morgendliche Ruhe störten, aber immer wieder winkten Kinder von den Ufern oder riefen uns ein freudiges „Sabaidee!“ hinterher. Wasserbüffel und Schweine suchten überall nach ihrem Frühstück und auch einem Eisvogel konnten wir bei der Jagd nach Fischen zuschauen. Gut anderthalb Wochen verbrachten wir jeweils in Vang Vieng und Nong Khiaw und werden bestimmt noch ein bisschen zehren können von der Ruhe, die dieses wundervolle Land uns geschenkt hat.